Tahtali Dag - Der entweihte Berg oder von 0 auf 2366 m

Tahtali Dag 2366 m
Tahtali Dag 2366 m

Seit über 15 Jahren bin ich mehrmals im Jahr an der Türkischen Riviera und trainiere im Taurusgebirge. Und jedesmal wenn ich den Tahtali Dag sah, wollte ich auf seinem Gipfel stehen. Bis jetzt hat das leider nie geklappt.

Der Tahtali (gesprochen Tàchtale) ist ein 2366 m hoher Berg im westlichen Taurusgebirge  und er ist der höchste Berg im Naturpark Olimpos-Beydağları-Milli-Park. Von November bis in den Juni hinein ist der Gipfel mit Eis und Schnee bedeckt. Die beste Zeit für die Besteigung ist von Mitte Mai bis Mitte Juni und von Mitte September bis Mitte November. Ab Mitte Juni machen sich hier Singzykaden breit, die mit ihrem ohrenbetäubenden Gesang, der an einen Presslufthammer erinnert, jedem auf die Nerven geht. Das Gezeter beginnt mit Sonnenaufgang und endet mit Sonnenuntergang. Etwa um den 10. September kehrt dann wieder Ruhe ein.

900 Höhenmeter sind geschafft
900 Höhenmeter sind geschafft

Ich hatte also diesmal mit Mitte Oktober während unseres Trailrunning-Camps genau den richtigen Zeitpunkt erwischt, um das zu erledigen, was ich schon so lange tun wollte. Wie so oft stand ich am Meer und war fasziniert von der riesigen Felsmauer des Beydaglari-Gebirges, vor allem von dessen markantesten Gipfel, dem Tahtali Dag auf 2366m Höhe.

Der normale Ausgangspunkt für den Aufstieg zum Tahtali ist das kleine Bergdorf Beycik, dass auf 680 m Höhe liegt. Die meisten Wanderer lassen sich mit dem Jeep bis auf 900 müNN fahren. Hier wartete auch unsere Gruppe auf mich, um mit mir gemeinsam weiter zu laufen.

Da der Tahtali so dicht am Meer liegt, wollte ich unbedingt auf Meereshöhe starten (quasi von 0 auf 2366). Deshalb begann ich die Aktion in der Nähe von Tekirova. So hatte ich einige Kilometer zum "Warmwerden", obwohl die 680 Höhenmeter auf nur 10 Kilometern bis Beycik alles andere als ein lockeres Warm Up waren. Als ich in Beycik schnell meinen Wasservorrat auffüllte, bot mir ein Bergführer seine Dienste an. Ich lehnte dankend ab mit der Begründung, dass er sicherlich zu langsam sei, was der gute Mann zum Glück nicht mehr hörte, da ich mich schon wieder auf den Weg gemacht hatte...

1500 Höhenmeter sind geschafft
1500 Höhenmeter sind geschafft

Auf dem (Fuß-)Weg zum Gipfel begegnete ich an diesem sonnigen Oktobertag gerade mal sechs Bergwanderern. Zu Beginn ging es durch schöne Wälder mit Pinien, Kiefern und Zedern, vorbei an wilden Thymian und Bergsalbei. Auf 1800m liegt dann der besagte Sattel, den wir (nicht alle) ohne Probleme (so oft es möglich war) im Laufschritt erreichten. Hier ist auch die Baumgrenze und die hochalpine Zone beginnt mit einer kargen Felslandschaft.

Die letzten Meter zum Gipfel
Die letzten Meter zum Gipfel

Auf dem Sattel des Tahtali  hatte sich die Zahl meiner Mitstreiter auf vier reduziert. Mark, mit dem ich schon im Juli diesen Jahres eine Thailanddurchquerung , vom Pazifik zum Indischen Ozean gemacht hatte, begleitete mich als Einziger noch 100 Höhenmeter weiter, ab daan war ich allein in Richtung Gipfel unterwegs...Noch knapp 500 Höhenmeter lagen vor mir.

Ca. eine Stunde später stand ich auf dem Gipfel des Tahtali und genoss kurz den grandioser Ausblick auf den Beydaglari-Nationalpark, der Bucht von Olympos und die Weite des tiefblauen Mittelmeeres. Dann ging es auch schon wieder im Laufschritt bergab nach Beycik, von wo aus wir mit dem Minibus zurück nach Kemer-Göynük fuhren und den Wellnessbereich des Hotels in Beschlag nahmen.

Blick vom Gipfel des Tahtali
Blick vom Gipfel des Tahtali

Um nochmal auf den Titel "Der entweihte Berg" zurückzukommen: Leider hat man den Tahtali mit einer über 4 km langen Seilbahn verschandelt. Die Bergstation ist sogar von unten zu sehen. Die Luftseilbahn Olympos Teleferik, eine türkisch-schweizerische Kooperation, fährt seit dem 16. Juni 2007 zum Gipfel des Tahtali und kann bis zu 470 Personen in der Stunde transportieren. Mal ganz abgesehen von der Zerstörung dieser schönen Berglandschaft, dessen Folgen noch gar nicht absehbar sind, stellt sich die Frage: Ist es nicht viel schöner, einen solchen Ausblick zu geniessen, wenn man ihn sich auch selbst erarbeitet hat?

Es ist sicherlich grenzwertig, wenn man sich zum Bier trinken auf diesen Berg fahren lässt. Ich freue mich viel mehr auf das schöne kühle Blond, wenn ich wieder unten bin und mir dieses auch verdient habe.

Diesen Anblick hier muss ich auf dem Gipfel eines Berges nicht haben...

Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Eberhard Scholz (Freitag, 20 September 2013 17:13)

    Sehr geehrter Her Grass,
    meine Frau und ich haben dieses Jahr einen Türkeiurlaub verbracht. Wir sind am 10.September mit der Seilbahn Teleferik auf den Tahtali gefahren. Der Ausblick auf das Meer und Antalya war grandios. Ohne die Seilbahn wäre er uns verwehrt geblieben.
    Dieses beeindruckende Ereignis nur Menschen zu gönnen die sowohl körperlich als auch finanziell zu einer Besteigung in der Lage sind, halte ich für sehr egoistisch.
    Es gibt tausende Berge auf der Welt, die nur dieser elitären Menschenschicht vorbehalten sind und auch nur von ihnen verschmutzt werden.
    Gönnen sie dem Normalbürger ruhig auch mal dieses Erlebnis.
    MfG
    Eberhard Scholz

  • #2

    Björn Grass - Laufreisen (Freitag, 20 September 2013 17:43)

    Hallo Herr Scholz,
    es geht hier nicht um gönnen, sondern um den Respekt gegenüber der Natur. Die Folgen für den Berg und seiner Umgebung sind heute noch unabsehbar. Die Natur wurde regelrecht zerstört durch den Bau dieser Seilbahn. Es sollen allein 600 Rotfichten gefällt worden sein. Man sieht auch die reichhaltige Flora mit 865 verschiedenen Pflanzen davon 23 endemische bedroht von dem Anmarsch der Massen auf den Tahtali Dag. Die größte Gefahr wird allerdings für das Trinkwasser der umliegenden kleineren Ortschaften als auch der Touristenhochburg Kemer befürchtet, die Ihr Trinkwasser aus Quellen am Tahtali bezieht.
    Im Übrigen kostet die Besteigung zu Fuss keinen Cent, was man glaube ich von Ihrer Seilbahnfahrt nicht sagen kann.
    Für mich ist egoistisch, wenn man sich auf Kosten der Natur etwas erkaufen will. Noch schlimmer, wenn man auf Kosten der Natur Profit macht.
    Beste Grüsse
    Björn Grass

  • #3

    Hans-G. Sieger (Donnerstag, 21 Mai 2015 10:45)

    Es gibt auch einen Berglauf (Wettkampf) dort hinauf!

    LG Hans